Italien 2003/1: Alpentour ⇒ Bericht Einfach mal treiben lassen ... |
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Raus aus dem Alltag, einfach mal abhängen. In ruhe Motorradfahren, Landschaft genießen, Wind und Wetter spüren und einfach irgendwo draußen (ohne Zelt) übernachten. Das sind die Zielvorgaben, die Luigi und ich uns für diese Tour vorgegeben haben. Mal sehen, was daraus wird ...
"Das fängt ja schon gut an", denke ich mir, als ich am Morgen aufwache. Der Hals kratzt, die Nase ist zu, irgendwie hab ich mir eine Erkältung eingefangen. Der Blick aus dem Fenster weckt auch nicht gerade Begeisterung, dunkle Wolken haben sich vor die Sonne geschoben und verheißen nichts Gutes. Was soll's, es gibt schlimmeres. Als ich die Transalp starte, läuft sie nur recht unwillig. Ich rolle die Straße hinunter, biege rechts ab und ... plopp, aus. Der Anlasser orgelt, aber der Motor springt nur unwillig an, so als ob er keinen Sprit bekommen würde. "Schei ...!" schreie ich. Die Benzinhähne sind offen und die 270 km auf dem Tageskilometerzähler sollten dem großen Tank keine Probleme gemacht haben. Warum gibt es immer dann Probleme, wenn man sie gar nicht brauchen kann? Also, Licht aus um die Batterie zu schonen und noch mal orgeln lassen. "Hm", denke ich, "ich könnte ja zur Garage zurück (bergauf schieben :-( ) und das Gepäck schnell auf die andere Alp schnallen und mit dieser fahren". Kaum habe ich diesen Gedanken zu Ende gesponnen, springt die Kiste dann doch an, rüttelt und schüttelt sich und auf einmal läuft der Motor dann ganz normal, als wenn nichts gewesen wäre. Ah, also doch etwas eifersüchtig. So ein Motorrad ist schließlich auch nur ein Mensch ;-) Nach der Arbeit fahre ich zur Tankstelle. Hundert Meter vor der Zapfsäule geht der Motor aus und trotz zahlreicher Startversuche bringe ich den Motor nicht zum Laufen. Also auf zur Fehlersuche. Benzinschlauch von der Pumpe zum Vergaser lösen - Sprit ist da. Benzinschlauch vom Tank zur Pumpe lösen - oops, da kommt ja nichts. Doch plötzlich, mit etwas Verzögerung, plätschert der Saft doch noch. Woher kommt denn diese Verzögerung? Den Schlauch schnell wieder aufgesteckt und nach einem weiteren Startversuch rennt der Motor wieder. Volltanken, Luftdruck und Ölstand prüfen und wie geht es weiter? Die heimische Garage liegt so gut wie auf dem Weg und ich beschließe doch noch lieber die Benzinpumpe zu wechseln. Eine halbe Stunde später ist alles erledigt und ich bin auf der Autobahn Richtung Stuttgart unterwegs. Die unverkleidete Maschine ist nicht gerade ideal für schnelles Überbrücken von Strecken und bei Memmingen habe ich längst die Lust verloren, auf der langweiligen Autobahn zu fahren. Die Landstraße ist mir zehnmal lieber, außerdem kann ich in den Ortschaften auch gleich nach Geschäften suchen und etwas Brotzeit einkaufen. Eine ordentliche Salami, ein paar Brötchen und einige Müsliriegel. Da ich mich nach der Karte im GPS orientiere und dabei einfach nur versuche die grobe Richtung zu halten, finde ich immer wieder zufällig einige Kilometer legale Schotterwege. Das ist natürlich kein Vergleich zur schnöden Autobahnhatz. Etwas überpünktlich erreiche ich Bad Kohlgrub, wo ich mich mit Kumpel Luigi treffen möchte. Ich mache es mir auf einer Parkbank bequem und döse vor mich hin. Endlich weckt mich das Bollern eines Einzylinders. Luigi kommt um die Ecke und gemeinsam setzen wir unseren Weg fort. Von Garmisch aus fahren wir Richtung Fernpass weiter. Doch kaum sind wir einige hundert Meter gefahren, stottert meine Alp wieder und geht aus. "Schei**e!" brülle ich durchs Visier, "war es doch nicht die Benzinpumpe ...". Mit genügend Sprit über Schwimmerniveau muss die Maschine trotzdem laufen. Luigi fährt los und sucht eine Tankstelle. Kurz darauf ist er zurück und wir haben Glück, ich muss nur über die Kreuzung schieben und dann einfach den Berg hinunterrollen. Also wuchte ich das gute Stück zur Ampel und warte auf grünes Licht. Hau ruck, ab über die Kreuzung und aufspringen. Ich rolle den Berg hinunter, aber sehe nirgends die versprochene Tankstelle. Luigi kommt auch nicht nach, er musste meine Schiebeaktion natürlich fotografieren und die Ampel wurde gleich wieder rot - zum Ärger der Autofahrer hinter ihm ;-). Als die Straße schon wieder flach wird und das Motorrad immer langsamer rollt, sehe ich im Augenwinkel gerade noch die Tankstelle. Sie ist links etwas nach hinten versetzt und nicht gleich zu erkennen. Mit dem Restschwung wende ich um eine Verkehrsinsel herum, rolle ein paar Meter zurück und komme fast bis vor die Zapfsäule - passt! Als der Tank voll ist, schaue ich aufs Zählwerk. Da sind doch genau 24 Liter in den 24 Liter Tank geflossen. Kein Wunder, dass der Motor nicht mehr laufen wollte. Da bin ich auf der Autobahn wohl doch etwas flott mit der kürzer übersetzten Maschine unterwegs gewesen. Da die Tanke zu einem Supermarkt gehört, kaufen wir gleich noch etwas Brot, Käse und Wein ein. Am Imbissstand lassen wir uns auch noch zwei halbe Brathähnchen einpacken. Mit ausreichender Verpflegung und vollen Tanks setzen wir unseren Weg fort. Als wir durch Bieberwier fahren, fällt uns ein Schild auf: "2. Internationales Motorradtreffen". Das wollen wir uns mal näher anschauen, vielleicht können wir hier auch gleich die Nacht in geselliger Runde verbringen. Bei der "Anmeldung" erfahren wir, dass die Teilnahme kostenlos ist und es abends Livemusik gibt. Schlafen können wir auf der Wiese nebenan oder im Hotel. Wenn schon, dann Wiese, wir wollen auf dieser Tour eh immer ohne Zelt draußen schlafen (außer wenn es regnen sollte). Einen kleinen Wermutstropfen hat die Aktion aber, ein Bier kostet hier drei Euro! Für ein Motorradtreffen viel zu teuer. Trotzdem gönnen wir uns einen Gerstensaft, denn es hat ca. 30°C und die Fahrt hat uns durstig gemacht. Danach essen wir unsere Gummiadler und leeren dazu die Flasche Wein. Irgendjemand vom Orga-Team spricht uns an und fragt, ob alles ok ist. Wir klagen über die hohen Bierpreise und machen wohl einen solchen enttäuschten Eindruck, dass die nächste Runde auf "Kosten des Hauses" geht - das schmeckt dann gleich noch besser ;-) Die Cover-Band in der Scheune macht gute Musik. Statt der Motorradfahrer ist jedoch die Dorfjugend und die freiwillige Feuerwehr in der Überzahl, was der Stimmung jedoch keinen Abbruch tut. Sehr spät bauen wir unser Schlaflager auf, eine Plane als feuchtigkeitsresistente Unterlage und die Isomatte zur Schonung der alten Knochen. Wir sind die einzigen, die draußen übernachten, die "Biker" sind alle im Hotel ... Gegen 07:00 Uhr werden wir von einigen spärlichen Regentropfen geweckt. Ruckzuck haben wir zusammengepackt, da hört der spärliche Regen auch schon wieder auf. Was nun? Erst mal zum Frühstücken ins Hotel, dann sehen wir weiter. Das Frühstücksbuffet ist sehr reichhaltig und der Preis dafür gar nicht mal so teuer, wie der gestrige Bierpreis es uns hätte erwarten lassen. Wir frühstücken ausgiebig und in Ruhe, ziehen unserem schweigsamen gegenüber sitzenden "Biker" die Worte aus der Nase und besprechen unsere weitere Route. Endlich wieder auf Achse fahren wir ins Ötztal rüber und zum Timmelsjoch rauf. Stolze 8 € kostet die Maut für die einfach Fahrt. Die Kurven, besonders auf der italienischen Seite, sind aber ein Traum. Als nächstes steht der Jaufenpass auf dem Programm. Links, rechts, links, rechts, die Reifen fahren mehr auf den Flanken als in der Mitte, genau so muss das sein. Vor dem Gasthaus hinter der Passhöhe schlürfen wir dann den ersten italienischen Cappuccino. Einige Ziegen bedrängen frech die Gäste, steigen sogar die Tische rauf. Erst als wir mit dem Grill drohen, lassen sie von uns ab. Am Fuße des Passes biegen wir in einen kleinen Wirtschaftsweg ein. Wir suchen nach einem ruhigen Platz, zum Ausruhen und zum Vespern. Leckerer Käse und Salami warten auf uns. Leider finden wir keinen ansprechenden Ort dazu und biegen wieder auf eine Landstraße ein. Wir rollen langsam durch die Kurven und halten ständig Ausschau nach einem geeigneten Platz. In einer Linkskurve schmiert mir plötzlich das Vorderrad weg. Ein kurzes schabendes Geräusch, dann wird die Alp von der Leitplanke gestoppt. Mir ist zum Glück nichts passiert, nur am Jackenärmel hat sich eine Naht geöffnet. Zusammen mit Luigi wuchte ich die Maschine unter der Leitplanke hervor. Links sind Kratzer an Tank und Handprotektor. Der Packsack hat wohl das meiste abgefangen. Rechts hat die Leitplanke die Halter des Kühlers etwas nach hinten gebogen. Die Gabel ist etwas in den Brücken verzogen, aber das ist schnell wieder entspannt und ausgerichtet. Luigi hat mittlerweile die Ursache des Sturzes gefunden. Eine ca. Halbmeter große schmierige Stelle am Boden, die sich farblich nicht vom Asphalt abgehoben hat. Selbst zu Fuß rutscht man da weg. Noch ein kurzer Check, ob der Rest der Maschine in Ordnung ist, dann setzen wir unseren Weg fort. Obwohl nicht die "Heizerei" Ursache des Unfalls war, bleibt nun doch eine kleine psychologische Bremse zurück, die unserer Begeisterung jedoch keinen Abbruch tut. Kurz vor Brixen presst eine dunkle Wolke einige Regentropfen auf uns herab. Um rasch dem feuchten Bereich der Wolke zu entfliehen, überholen wir einige Autos trotz Überholverbot. In Brixen winkt mich (komischerweise nur mich) dann die Polizei auf die Seite, wo schon einige Motorräder stehen. Mit schlechtem Gewissen krame ich Führerschein und Fahrzeugpapiere heraus. Der Beamte liest eine ganze Weile in meinem doppelseitigen Fahrzeugschein und schaut immer wieder interessiert auf meinen Laser Auspuff. Meine ABE für den Laser will er aber nicht sehen. Zu seinem Kollegen sagt er dann auf italienisch irgendwas, was ich nicht recht verstehe aber mit "... kleines Motorrad" (du Seckel, ich brenn dich samt deinem Alfa her ;-) ) endet. Ich bekomme meine Papiere zurück und Buon Viaggio gewünscht und das war dann alles. Puh, zum Glück nur eine normale Verkehrskontrolle, ich dachte schon, das kostet einige Euros. Luigi hat in sicherer Entfernung gewartet und mit seinem Tele die Szene abgelichtet. Luigi du Sack, erst die Schiebeaktion mit leerem Spritfass und jetzt noch die Polizeikontrolle ;-). Da wir immer noch keinen Ruheplatz gefunden haben, biegen wir in das Villnöß-Tal ab. Nach einigen Kilometern zweigt ein sehr enges Sträßchen ab, das sich den Berg hinauf windet. Hier finden wir eine herrliche kleine Wiese, mit Blick über das Etschtal, genau das, was wir gesucht haben. Jetzt heißt es nur noch raus aus den Motorradklamotten und sich auf das Vesper stürzen. Irgendwann hält ein kleiner Lieferwagen an, dessen Fahrer sich mit einem riesigen Eis auf die Bank am Waldrand setzt. Wir wollen natürlich gleich wissen, wo es das gibt und der Fahrer gibt uns bereitwillig Auskunft. Später fragt er uns, ob wir Camping machen wollen und rät uns ab, weiter in die Dolomiten zu fahren, da für kommende Nacht schwere Gewitter vorausgesagt wurden. Inzwischen hat Luigi eine SMS von Kumpel Stefan bekommen. Er ist gerade auf dem Weg von Modena nach Klausen und würde sich gerne mit uns treffen. Da uns von den Dolomiten abgeraten wurde, machen wir mit Stefan einen Treffpunkt am Lago di Molveno, nördlich vom Gardasee, aus. Wir fahren durch das Etschtal bis Kastelruth und steigen nach nach Westen hin die Anhöhe hinauf. Inzwischen haben sich drohend Gewitterwolken vor uns aufgebaut. Um dem Regen zu entgehen, schlagen wir immer wieder Haken nach Norden und Westen. Bei der Abfahrt hinunter ins Sarntal, kann Luigi plötzlich keinen Druck mehr an der Hinterradbremse aufbauen. Die gesamte Bremsanlage ist glühend heiß. Wir stellen fest, dass der Stößel am Geberzylinder immer leicht auf den Geberkolben drückt und somit das innenliegende Bodenventil nicht öffnen kann. Die Bremsflüssigkeit dehnt sich beim Bremsen wegen der zunehmenden Wärme aus. Diese Volumenzunahme muss über das Bodenventil abgebaut werden. Kann das nicht geschehen, wird der Bremskolben an die Scheibe gedrückt, die Bremse wird wärmer, drückt noch mehr auf den Kolben, wird noch wärmer, bis Flüssigkeit verdampft. Der Dampf lässt sich komprimieren und dadurch kann kein Druck aufgebaut werden. Mit einem 13er Schlüssel stellen wir das korrekte Spiel von 1 mm ein und nach dem Abkühlen ist die Bremse wieder betriebsbereit. Wir setzen unseren Weg Richtung Bozen fort, immer noch von Gewitterwolken und ab und zu fallenden Tropfen bedroht. Kurz vor Bozen zeigt mir Luigi noch eine enorm steile Auffahrt in die Weinberge hinauf. Von hier oben hat man eine prima Aussicht über die Stadt. Wir fahren kurz nach Bozen rein, um etwas Sprit nachzufüllen und suchen dann über zahlreiche Umleitungen den Weg zum Mendelpass. Auf der Passauffahrt jagen wir einen alten aber voll getunten Fiat 500 vor uns her. Als der Regen stärker wird, müssen wir doch anhalten und den Cinquecento davonziehen lassen. Missmutig zwängen wir uns in die Regenkombis und rollen dann gemächlich weiter. Hinter dem Mendelpass verfahren wir uns zwar ein wenig, aber eigentlich ist es egal, ob wir links oder rechts um den Berg herum fahren. Nach zahlreichen Kurven erreichen wir das Nordufer des Lago di Molveno und treffen uns dort mit Stefan. Wir halten uns nicht lange mit Begrüßungen auf, denn wir wollen aus den nassen Klamotten raus. Wir fahren weiter nach Süden, um eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Die Straße führt knapp unterhalb eines Kammes an einer Schlucht vorbei. Durch das Wetter ist die Aussicht zwar nicht so toll, aber von früheren Touren her wissen wir, wie schön es bei gutem Wetter hier ist. Nach einigen Kilometern folgen wir einem Wirtschaftsweg den Berg hinauf. Irgendwann geht er in Schotter über und nach einigen Kehren stehen wir vor dem Rifugio Alpenrose. Es ist noch ein Zimmer frei und während wir duschen, wird in der Küche für uns gearbeitet. Die Wirtin ist eine richtige italienische Mama und versorgt uns reichlich mit Pasta con Ragout, Salat, Tiroler Speck, Schinken, Salami und Käse. Dazu gibt es einen leckeren Wein, von dem wir uns am Ende 3 Liter einverleibt haben. Als Nachtisch gibt es Pfirsiche und Aprikosen. Morgens um halb sechs klingelt Stefans Wecker. Er hat einen Termin in Klausen und muss deshalb schon so früh losfahren. Das Aufstehen fällt ihm nicht leicht, umso lieber drehen wir uns noch mal auf die andere Seite. Doch schon um halb acht stehen auch Luigi und ich auf. Erschreckt stelle ich fest, dass das gestrige Dessert mir zum Verhängnis geworden ist. Ich bin allergisch gegen manche Früchte und bin mir nachts wohl mit den Fingern durch die Augen gefahren. Ich habe nun kleine rote Augen und dick geschwollene Tränensäcke. Zum Glück hat Luigi Augentropfen dabei und so kann ich die Schwellung erfolgreich bekämpfen. Vor dem Frühstück schauen wir nach dem Wetter. Im gegenüberliegenden Tal steigen dicke Nebelschwaden auf, ein toller Anblick. Über uns jedoch strahlt ein blauer Himmel, so muss das sein. Nach dem Frühstück packen wir unsere wenigen Sachen und fahren ins Tal zurück. Um ein paar Kilometer rasch zu überbrücken, fahren wir auf der SS237 bis Idro runter. Nachdem wir die Tanks der Maschinen gefüllt haben, wollen auch wir nicht ohne Nahrung bleiben. In Idro ist ja meine Lieblings Spaghetteria, die ich Luigi sowieso mal zeigen wollte. Wir bestellen Spaghetti al Arabiata und genießen die Nudeln in scharfer Soße im Schatten eines Sonnenschirms. Der Himmel ist tiefblau, die Sonne brennt, vor uns liegt der Lago di Idro und dahinter die Berge, die wir in wenigen Minuten erobern wollen. Was will man mehr. Bei Anfo biegen wir auf ein winziges Sträßchen ab, das sich in zahllosen Kurven zum Maniva Pass hoch windet. Zunächst ist die Sicht durch dichten Wald bedeckt, aber nachdem wir den steileren Teil des Hanges erreicht haben, wo sich das Asphaltband eng an Bergwand schmiegt, haben wir freien Blick ins Tal hinunter und auf die umgebenden Berghänge. Die hinter uns liegende Strecke liegt wie eine eng gewundene Schlange zwischen den grünen Bäumen und Büschen am Hang. Das sieht von hier aus richtig spektakulär aus. Das letzte Stück zum Maniva hoch war vor ein oder zwei Jahren noch geschottert. Nun ist auch diese Strecke, bis auf wenige Meter, geteert :-( Auf der Passhöhe merkt man, dass heute Sonntag ist. Der Parkplatz ist überfüllt mit Ausflüglern, die das gute Wetter ausnutzen. Wir wollen hier gar nicht lange halten und fahren auf der gut ausgebauten Straße Richtung Croce Domini weiter. Nach einigen Kehren erreichen wir den Übergang in die (noch) Schotterstrecke, die zum Croce Domini führt. Der Weg führt etwas unterhalb eines Bergkammes entlang. Links geht es sehr steil hinab, teilweise ist die Strecke ungesichert. Auch hier hat man traumhafte Ausblicke in tiefe weite Täler. Allerdings sollte man sich (während der Fahrt) doch lieber auf die Strecke konzentrieren, ein Fahrfehler kann einen schneller ins Tal bringen, als ihm lieb ist. Auch auf der Passhöhe des Croce Domini ist die Hölle los. Da alle Sitzplätze besetzt sind, lasse ich mir unseren Capuccino von der überaus reizvollen Thekenbedienung auf einem Tablett geben. Wir sitzen zum Kaffeetrinken im hohen Gras direkt am Hang, genießen Getränk, Sonne und Aussicht. Wir kommen mit zwei italienischen Motorradfahrern ins Gespräch, die von Luigis KTM sehr angetan sind. Dabei sieht die von Wüstentouren gezeichnete Maschine doch gar nicht so attraktiv aus, wie die zahlreichen blitzenden Ducatis, Guzzis und andere "schnelle" Bikes hier oben. Aber so ein Abenteuerflair ist für einige Leute anscheinend anziehender als blitzender Chrom und leuchtender Lack. Luigi bringt das Tablett mit den leeren Tassen zurück, damit auch er in den "Genuss" der Bedienung kommt, dann kurven wir auf der östlichen Route wieder ins Tal zurück. In Bagolino biegen wir abermals zum Maniva ab. Im Tal ist die Straße noch von guter Qualität, wird mit zunehmender Höhe aber immer schlechter, also genau unser Revier. Im Rückspiegel taucht eine XR auf, verschwindet aber schon bald wieder. Ich sagte doch, UNSER Revier ;-) Oben auf dem Maniva fahren wir dann die gleiche Strecke zum Idrosee hinunter, die wir schon heraufgekommen sind. Diesmal aber mit vertauschten Maschinen, ich will mal wieder KTM fahren und Luigi die gestrippte Transalp ausprobieren. Im Tal ist er von der Kurvenfreudigkeit der TA begeistert, mich hat der geniale Antritt des Einzylinders beeindruckt. Zum Glück habe ich auch eine Adventure zuhause stehen, sonst müsste ich mir jetzt eine kaufen ;-) Zurück in Idro fahren wir nicht die direkte Strecke zum Lago di Valvestino, sondern biegen auf eine schmale Waldstrecke ab, die auf Umwegen zum Valle Toscolano führt, in dem der Stausee eingebettet ist. Die Strecke durch das Tal ist bekannt dafür, dass sie praktisch keine einzige Gerade hat. Zahllose enge Kurven führen zwischen Felswand und See bzw. dessen Zufluss entlang. Die Landschaft macht die Straße leider auch etwas unübersichtlich. Hinter jeder Kurve wartet eine neue Überraschung, herabgefallene Steine, mehrere Radfahrer nebeneinander, Autos deren Fahrer sich die Landschaft anschauen während sie die Kurven schneiden. Schnell, aber trotzdem so vorsichtig wie möglich, lassen wir die Maschinen durchs Tal rennen, immer wieder von links nach rechts und wieder zurück in die Kurven legend. Bei Navazo öffnet sich das Tal und eine breite Straße führt in weiteren Kurven zum Gardasee hinunter. Am See fahren wir die Gardesana Occidentale hinauf. Für einen schönen Sonntag Nachmittag hält sich der Verkehr in angenehmen Grenzen und die wenigen "Schleicher" sind schnell überholt. Ein Großteil der Strecke führt durch Tunnels, darin ist es zwar stockdunkel, aber wenigstens etwas kühler, als in der prallen Sonne. In Torbole "überfallen" wir einen Supermarkt und kaufen fürs Abendessen ein. Dann zirkeln wir nach Mori hoch und statten MEINEM Eislokal einen kalorienreichen Besuch ab. Mein Lieblingseis heißt "Mangia e Bevi" und besteht aus einem riesigen Pokal mit leckerem Eis (viiieel besser als das Eis am See unten) und vielen frischen Früchten. So was hat Luigi noch nicht gesehen und geschmeckt. Er muss schon etwas kämpfen, um die Mengen unterzubringen. Nach der Eisschlacht wollen wir noch ein paar Kilometer Richtung Dolomiten fahren und dann ein Nachtlager suchen. In Rovereto biegen wir zunächst auf die SS46 Richtung Vallarsa ab, schwenken aber gleich wieder auf ein kleines Sträßchen nach Folgaria ab. Die Strecke führt direkt am Steilhang entlang und nirgends finden wir eine versteckte ebene Stelle zum Übernachten. Soweit ich mich erinnern kann, beginnt bei Folgaria ein eher hügeliges Weidegebiet, dort sollten wir eher einen Platz finden. Wir verlassen Folgaria Richtung Lavarone und finden bald darauf eine Sackgasse zu einem Dorf im Tal. Dieser folgen wir, durchqueren das Dorf und fragen einen Bauern, ob man hier irgendwo im Freien übernachten könnte. Er schickt uns auf einer Schotterstrecke in den Wald hinein. Wir sollen aber links vom Bach bleiben und keinen "Ölwechsel" machen. Nach wenigen Kilometern endet der Waldweg an einer Fußgängerbrücke über den Bergbach. Wir beschließen einfach hier zu bleiben, denn auf die andere Seite sollten wir eh nicht rüberfahren. Eine Plane kommt als Unterlage auf den Boden, eine zweite wird zwischen Bäumen und den Motorrädern als "Dach" aufgespannt. Wir waschen uns im Bach und packen dann unsere Schätze aus dem Supermarkt aus. Zwei Flaschen Rotwein, Käse, Salami, Speck, Paprika und Brötchen. Nach dem Rieseneis haben wir zwar nicht mehr so einen großen Hunger, aber in der freien Natur schmeckt es noch mal so gut. Wir liegen noch lange wach, erzählen von früheren Touren und Erlebnissen und ausnahmsweise schläft Luigi mal nicht ein, während ich erzähle ;-) Der Morgen ist frisch, als ich aufwache. Luigi kommt gerade von der morgendlichen Wäsche am Bach zurück. Gibt's das, dass er mal früher auf ist als ich? Auch ich gehe mich nass machen, bevor wir zusammenpacken und zurück zur Straße fahren. Gleich im nächsten Ort entsorgen wir unseren Müll und suchen uns ein Café zum Frühstücken. Wir setzen uns in der Morgensonne und bestellen den obligatorischen Cappuccino. Leider gibt es dort nur abgepackte Croissants zum Essen, aber wir haben ja noch Panini und Salami vom Abendesse übrig. Also packen wir das eigene Vesper aus und machen uns über die Reste her. Frisch gestärkt setzen wir unseren Weg fort. Mittlerweile fahre ich nicht mehr am unscheinbaren Abzweig zum Lago di Caldonazzo vorbei, man ist ja lernfähig. Wir stürzen uns das winzige eng gewundene Sträßchen hinab. In einer Kehre gibt es einen Aussichtspunkt, mit Blick über das ganze Tal und den beiden Seen Caldonazzo und Levico. Soweit das Auge reicht wird Obst angebaut, meist Äpfel. Nach Osten hin führt das Val Sugana zum Passo di Manghen, unserem nächsten Ziel. Also aufsitzen und weiter geht's. Wir zwängen uns auf der engen Straße an der Wand entlang und hupen vor fast jeder Kurve, um den Gegenverkehr auf uns aufmerksam zu machen. Meist hupen aber die wenigen Entgegenkommenden schon vor uns. Im Tal machen wir wieder ein paar Kilometer auf der Schnellstraße und halten in Castelnuovo zum Tanken und Einkaufen. Dann biegen wir zum Manghen ab. Das kleine Sträßchen führt zwischen offene Weiden hindurch, deshalb ist die Straße teilweise ziemlich zugeschi**en ;-) Die Ausblicke auf die Berge sind phantastisch, das Blau des Himmels schmeichelt dem Grün der Landschaften und schroffe Felsen stehen im Kontrast zu den weichen Rundungen der Wiesenhügel. Vor uns schleicht ein Mercedes und tut alles, damit wir nicht vorbei kommen. Doch das soll uns nicht ärgern, wir halten einfach an, legen uns ins Gras und warten einfach ab. Kaum liegen wir da, sehen wir, wie der Wagen in der nächsten Kehre stehen bleibt und eine dicke Wasserdampfwolke unter der Motorhaube hervorkommt. Ha, gerechte Strafe für seine bescheidene Fahrweise ;-) Hinter der Passhöhe ist wieder mal Zeit für einen Cappuccino. Wir genießen die Bergluft und die Sonne und dösen am Tisch einfach vor uns hin. Am liebsten würden wir hier bleiben, doch die Gashand will noch etwas bewegt werden und weiter kommen müssen wir ja auch noch. Von Predazzo nach Canazei machen wir wieder etwas flott Kilometer und biegen dann zum Fedaia Pass ab. Über den Col di Lana erreichen wir den Falzarego und schwenken dort zum Passo di Valparola ab. Luigi führt uns zu einem Platz mit schönem Ausblick. Dort heißt es nur noch raus aus den Motorradklamotten und ab in die Sonne legen. Zwischendurch gönnen wir uns wieder eine kleine Vesper, Kurven machen nämlich hungrig ;-) Nach der Pause gehen wir die Sellarunde im Uhrzeigersinn an. Der Pordoi ist nämlich mein Lieblinspass, aber nur von Arabba aus. Leider ist mein Kopf seit dem Sturz am Jaufen immer noch nicht ganz frei, aber wir ziehen nicht unflott durch die Kehren. So flott es die bescheidene Leistungsentfaltung durch den Laser-Auspuff eben zulässt. Wenn ich nachhause komme, fliegt der als erstes von der Maschine. Er sieht zwar nett aus in seinem Edelstahlmäntelchen, aber die Leistungsentfaltung von unter heraus ist unter aller Sau. Meine andere Alp mit original Dämpfer fährt sich da viel besser. Dafür hat Luigi in den Kehren den Grenzbereich des E3 gefunden, der sich durch sanftes driften ankündigt. Und das, obwohl er hinter mir war ;-) Nachdem wir auf der Passhöhe des Pordoi verdienten Cappuccis geschluckt haben, setzen wir die Runde fort. Über das Sellajoch kurven wir zum Grödner Joch und lassen uns nach Corvara hinabtragen. Hier ergänzen wir unsere Vorräte fürs Abendessen und studieren die Karte, um einen geeigneten Ort für das Nachtlager auszumachen. Luigi kennt da noch ein Seitental, in dem er mal wandern war. Dazu müssen wir zwar noch einige Kilometer Kurven kratzen, aber dafür sind wir ja hier. Wir fahren tief in das Tal hinein. Leider gibt es hier keine Anwohner mehr, die wir nach einem Übernachtungsplatz fragen könnten. Zwei Wanderer sind auch nicht von hier und können uns auch nicht weiterhelfen. Als es dunkel wird, rollen wir in ein ausgetrocknetes Flussbett hinab und folgen dem Bett ein Stück weit in den Wald hinein, bis wir eine schöne Stelle zum Übernachten finden. Zunächst sind wir uns nicht ganz über den Platz einig. Tragen unseren Krempel mal hierhin und mal dorthin, schließlich sind wir beide zufrieden und breiten die Planen aus. Die Maschinen lassen wir im Kiesbett stehen, um den Waldboden nicht zu beschädigen. In der Wüste würden wir das nie machen, zu groß ist die Gefahr von einer evtl. Flutwelle, ausgelöst auch durch sehr weit entfernten Regen, weggespült zu werden. Aber so nah bei den "Quellen" des Wassers, fast direkt unter den Gipfeln, würden wir schon merken, wenn es nachts anfängt zu regnen und der Bach wieder Wasser führen würde - hoffen wir zumindest ;-). Direkt bei unserem Lager mündet ein Bergbach in unser ausgetrocknetes Flussbett. Hier waschen wir uns den Schweiß des Tages vom Körper (brrrr, ist das kalt). Ein herzhaftes "plopp", als der Korken aus der Flasche gezogen wird, kündigt das Abendessen an. Es gibt hauchdünn geschnittenen Schinken und Salami und zwei Sorten Bergkäse am Stück. Es ist fast vollkommen, aber nur fast, den letzten Wunsch verkneife ich mir hier ;-). An diesem Abend reichen die zwei Weinflaschen nicht aus. Viel zu schnell sind sie leer und kein Nachschub in Sicht. Wir liegen in unseren Schlafsäcken, schauen auf die Sterne, die zwischen den Tannenwipfeln leuchten und erzählen bis tief in die Nacht. Last day of the tour. Trotz der "langen Nacht" sind wir beide schon recht früh wach. Das kalte Wasser macht uns noch wacher. In aller Ruhe räumen wir unsere Siebensachen zusammen und packen die Maschinen. Wir schottern durch das Flussbett zurück zur Straße und rollen gemütlich in die nächste Ortschaft. An einem kleinen Platz ist eine Bar mit angeschlossenem Alimentari. Genau das Richtige fürs Frühstück. Wir sitzen gemütlich am Tisch, genießen die dick belegten Panini und beobachten das spärliche Treiben der Anwohner. Stundenlang könnten wir hier sitzen bleiben. Die Oma aus der Bar bringt uns eine Tiroler Zeitung und so erfahren wir auch gleich, dass in Italien gerade einiges an deren Straßenverkehrsordnung geändert wurde. Zum Beispiel müssen alle Autos außerhalb geschlossener Ortschaften neuerdings mit Licht fahren - und das, wo sie doch schon nachts kaum das Licht angemacht haben ;-) Irgendwann müssen wir uns dann doch aufraffen. Die Rechnung (4 Cappuccini, 2 belegte Brötchen und 2 Crossaints schlagen mit stolzen 13,60 Euro zu buche!) macht uns den Aufbruch dann doch leicht. Die letzten italienischen Kurven - die von den Straßen meine ich ;-) - werden uns dann am Würzjoch geboten. Kaum Verkehr, schmales Sträßchen, viele Kurven, ein guter Abschluss. Viel zu schnell sind wir wieder im Etschtal unten. Noch mal Sprit fassen und auf der alten Brennerstraße nach Norden gondeln. Ab dem Brenner wird das Wetter schlechter. In Insbruck ziehen wir dann den Regenkombi über :-( Im Schatten der Zugspitze trennen sich dann im strömenden Regen unsere Wege. Luigi fährt zu seinem Seminar in Bad Kohlgrub und ich nachhause. Im Hinterkopf ist es eingemeißelt, es soll nicht die letzte derartige Tour gewesen sein. |
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