Slowenien 2000: 10. ATiC-Treffen ⇒ Bericht

Eigentlich wollte ich nur mal schnell zum ATiC-Treffen nach Gemona fahren, aber Falk überredete mich, mit ihm zusammen vorher einen Abstecher nach Slowenien zu machen, um dort ein paar Freunde zu treffen und von dort aus eine schöne Tour nach Gemona zu machen.

Wie verabredet, habe ich mich am Freitag, kurz nach 18:00 Uhr, mit Falk auf der Raststätte Holzkirchen kurz hinter München getroffen. Er beschrieb mir kurz die Route und meinte, dass der kleine Grenzübergang zwischen Österreich und Slowenien, bei Eisenkappel, nur bis 22:00 Uhr auf hätte und wir uns deshalb sputen müssten. Da auf der Autobahn natürlich Reiseverkehr herrschte, war das mit dem Sputen nicht ganz so einfach. Wir waren trotzdem schnell unterwegs, Falk hatte da so seine "Methoden", deren Beschreibung ich mir, mit Rücksicht auf unsere Führerscheine, an dieser Stelle verkneife ;-).

Slowenien

Trotzdem kamen wir zu spät. Wir fuhren im Dunkeln einen ca. 10 km langen Schotterpass hinauf - jetzt war mir klar, warum die Grenze ab 22:00 Uhr geschlossen ist - und standen vor verschlossener Schranke an der menschenleeren Grenze. "Wir haben doch Enduros", meinte Falk und umfuhr die Schranke auf einem kleinen Trampelpfad, so gelangten wir "schwarz" über die Grenze. Nach der Beschreibung die Falk hatte, sollte der Campingplatz nun nicht mehr weit sein, doch im dunklen Wald war die Orientierung nicht leicht. Das GPS konnte uns auch nicht viel weiter helfen, da in dem tiefen Tal der Satellitenempfang teilweise nicht möglich war. Nach einigem umherirren und mit der Hilfe eines plötzlich auftauchenden "Waldschrats" mit mächtiger Alkoholfahne, fanden wir gegen Mitternacht endlich den Platz bei Logarska Dolina. Wir wurden von Ingo, Dietmar und Martin mit großem Hallo begrüßt und bekamen gerade noch die Reste einer Pilzsuppe zu essen, die vom Campingplatzbesitzer gesponsert wurde. Bevor die kleine Kneipe dort schloss, konnten wir auch noch zwei Bier ergattern. Gegen zwei Uhr haben wir noch schnell das Zelt aufgebaut und dann ging's rein in die Schlafsäcke.

Am nächsten Morgen haben uns Martin und Dietmar, beide auf XR 400, noch ein paar schöne Panorama-Ausblicke zeigen wollen. Ingo blieb auf dem Campingplatz, weil sein hinterer T63 eher einem Straßenslick glich. Zunächst führte uns ein kleines Asphaltsträßchen immer weiter bergauf. Martin und Dietmar legten trotz ihrer Grobstoller ein gutes Tempo vor. Nachdem Falk und ich auf der glatten Straße mehrfach in Kurven weggerutscht sind, haben wir den Gashahn lieber etwas sachter gedreht. Dann ging's auf leichtem Schotter weiter.  Martin und Dietmar waren schon öfter hier uns so führten uns die beiden in ein landschaftlich sehr schönes Naturschutzgebiet. Da unsere Twins mit Enduro 4 besohlt waren, hatten wir auf dem Schotter leider nicht den gewünschten Grip, um den XRs tempomäßig nachkommen zu können. Plötzlich fand ein Stein den Weg zwischen Reifen und Kotflügel, letzterer bog sich hinten auf und verhakte sich in meinen Reifenmontierhebeln, die ich am Motorschutz befestigt hatte. Ich konnte nur noch geradeaus fahren und kam zum Glück noch vor der nächsten Kurve zum Stillstand. Nach einigen Minuten Schrauberei ging's dann wieder weiter. An einer leicht schlammigen und steilen Auffahrt, durfte Falk sich dann von den Qualitäten der XR400 überzeugen. Die leichte Maschine machte ihm

Geweih-Reparatur

sichtlich Spaß, das Grinsen war in seinem Gesicht wie eingemeißelt :-). Ich überzeugte dafür mit der nicht so schottertauglichen Qualität des E4 bzw. meiner nicht so schottertauglichen Fahrkunst. In einer Linkskurve überbremste ich das Hinterrad, rutschte weg und schlitterte ein Stück auf der linken Seite entlang. Zum Glück wurden nur der Sturzbügel und der Motorschutz ein klein wenig nach innen gebogen und verkratzt. Das Selbstbewusstsein bekam aber auch ein paar Kratzer, da am Morgen die Parole ausgegeben wurde: "Gute Endurofahrer stürzen nicht!" Shame on me :-(. Die Schotterstrecke war aber auch nicht so gut für den angebrochenen Verkleidungsträger an Falks Maschine, der brach nun ganz ab. Zurück im Camp haben wir dann über eine Stunde gebastelt. Ein abgebrochener Bohrer hält das ganze nun in Position, als Abstützung wurde ein Reifenmontierhebel unter den Scheinwerfern mit Kabelbinder montiert und das ganze mit Spannriemen fixiert. Nun scheint es stabiler als das Original zu sein :-).

Nachdem alles verbastelt und das Gepäck aufgerödelt war, fuhren wir zu einem gemeinsam Mittagessen in eine nahe gelegene Gaststätte. Nach der Völlerei verabschiedeten wir uns von Dietmar und Martin und fuhren zusammen mit Ingo Richtung Gemona. Wir fuhren wieder über den Anfangs bei Nacht überquerten Schotterpass, diesmal überquerten wir offiziell die Grenze und dann von Österreich über den Seebergsattel nach Kranj. Von dort aus flitzten wir über kleine Nebenstrassen über Zeleznik, Podbrdo, Tolmin, Kobarid und über den kleinen Übergang Boka nach Italien. Über Pradielis und Tarcento fanden wir dann nach Gemona. Da Ingo wegen seinem abgefahrenen Hinterreifen langsam fahren wollte, fuhr er vor. Er sagte, er will nicht schneller als 100 km/h fahren - daran hielt er sich auch, aber langsamer war er auf den engen kurvenreichen Sträßchen allerdings auch nicht. Wir waren, gelinde ausgedrückt, sehr flott unterwegs.

Angeschmolzener Kotflügel

Irgendwann bemerkte ich plötzlich ein Schleifgeräusch an meiner Maschine. Der Kotflügel hatte sich wieder eingehakt und der vordere Teil lag auf dem Reifen auf. Dieser hatte in der Zwischenzeit den Kotflügel durch Reibungshitze zum Schmelzen gebracht diesen warmverformt und teilweise abgeschliffen. Nach einer kleinen Schraubeinlage ging es von da an ohne Unterbrechungen weiter. In Gemona wurden wir von den anderen ATiCs freudig begrüßt und zur Eile angetrieben, das bestellte Essen würde auf uns warten. Flugs das Zelt aufgebaut und geduscht und dann ran an die "Bouletten".

Der nächste Tag sollte mit einer ruhigen touristischen Tour verbracht werden. Falk führte an, ich war zweiter und noch sechs weitere Teilnehmer folgten uns. Wir fuhren wieder nach Slowenien. Zunächst über kurvenreiche Friaul-Sträßchen, dann über die Grenze und über Bovec in Soca-Tal. Wegen der Ferienzeit und dem guten Wetter war auf den Straßen nicht gerade wenig los, aber es gab nichts, was eine Twin am überholen hindern konnte. Nach dem Mittagessen in einem kleinen versteckt liegenden Restaurant, fuhren wir zum Vrsic Pass. Anfangs fuhren wir auch ruhig dahin, doch dann konnte Falk sein Temperament (hier müsste es eigentlich Temporament heißen) nicht mehr zügeln und es wurde wieder eine sehr flotte Tour. Auf der Auffahrt zum Vrsic war eine Gruppe BMW-Fahrer, die, als sie uns im Rückspiegel erblickten, mit dem Tempo anzogen. Doch drei Kurven später waren Falk und ich schon vorbei. Es reicht halt nicht nur auf den Geraden schnell zu sein ;-). Oben auf der Passhöhe warteten wir auf die andern. Schneisi rollte jedoch an uns vorbei, ohne unser Winken zu bemerken. Während Falk die anderen abfangen wollte, fuhr ich Schneisi hinterher, um ihn zurückzuholen, da wir die gleiche Strecke wieder den Vrsic runterwollten. Auf dieser Seite hatte der Pass gepflasterte Kehren, die zu einer vorsichtigeren Fahrweise mahnten. Erst unten im Tal holte ich Schneisi endlich ein. Nun konnten wir die vielen Kehren wieder hoch heizen, bergauf fährt es sich viel besser als bergab. Nach einer Pause inmitten einer Schafherde rollten wir wieder den Pass runter und fuhren unter Führung eines slowenischen Motorradpolizisten nach Bovec. Dank seiner Ortskenntnis und der Tatsache, dass er der Ordnungshüter ist, ließ der Polizist seine Maschine ganz gut rennen. Eigentlich hätten wir ihn schon herbrennen können, aber wir wussten nicht, wie er darauf reagieren würde ... In Bovec wurde getankt, der Sprit kostete umgerechnet nur DM 1,41/l und diverse betagte Maschinen mussten noch etwas Öl nachkippen. Dazu gab es kühle Getränke und ein Eis. So gestärkt stand nun der Passo de Predil auf dem Programm. Nach einem kurzen Halt zum Besuch der Festung Kluze, wir heizen ja nicht nur wie blöde durch die Gegend, sondern sind auch kulturell interessiert ;-), ging es dann die endlosen Kehren des Predils hoch. Wegen eines Radrennens mussten wir dann ein paar Minuten warten. Danach war die Bahn wieder frei für die Sella Nevea und weiter nach Gemona.

Fürs Abendessen wurde wieder ein großer Tisch bestellt, diesmal in einer Pizzeria, deren Pizzen sicher mindestens der Twin-Vorderradfelge entsprachen. Dort erzählte jeder von seinen Erlebnissen, z. B. hat Udo seine Twin in einer Leitplanke zerschellt, zum Glück ist ihm selbst nichts passiert, aber die Twin ist ziemlich krumm. Die Nacht wurde dann wieder etwas länger, aber ich wollte es nicht übertreiben, da ich am nächsten Tag wieder nach Hause musste.

Für die Heimfahrt suchte ich mir eine Strecke mit ein paar schönen Pässen. Zunächst fuhr ich auf breiteren Straßen nach Tolmezzo, von da aus ging's in Richtung Westen weiter. Hinter Ampezzo fand ich den Passo di Pura, den mir Falk ans Herz gelegt hatte. Ein kleines enges Sträßchen windet sich zunächst bis zum Rifugio Piaz hinauf. Die Abfahrt endet in mehreren unbeleuchteten Tunneln, von deren Decke viel Wasser tropft. Dahinter liegt ein kleiner Stausee mit einer wirklich tiefen Schlucht hinter der Staumauer. Dann ging es wieder bergauf bis Sauris. Hinter Sauris stand dann das berüchtigte runde weiße Schild mit rotem Rand. Da keine weiteren Angaben für den Grund der Sperrung zu sehen waren, habe ich mich von dem Schild nicht weiter stören lassen. Nach einigen Metern ging der Asphalt in Schotter über - endlich. Der Weg wurde anscheinend mehrmals von Muren weggerissen und immer notdürftig wieder hergestellt. In engen Schotterkehren arbeitete ich mich weiter bergauf, bis auf eine kleine Hochebene. Von da aus war es dann nicht mehr ganz so spektakulär, aber wenigstens unbefestigt, bis der Weg in die N619 einmündete. Ab hier war wieder Asphalt angesagt, zunächst kurvenreich und nahezu menschenleer, aber die Straße von Lozzo nach Cortina D' Ampezzo (südliche Strecke) war eine einzige Blechlawine - die Alpen sind im August halt überfüllt. Hinter Cortina war dann nicht mehr ganz so viel los, aber irgendwelche Schildkröten müssen wohl immer mit 30 km/h fahren und sich die Gegend anschauen. Na ja, für die 60 Pferde unter mir waren die kein Problem, aber irgendwie versauen die einem immer den Strich. Der Falzarego machte trotzdem Spaß, dann weiter über den Col di Lana, rechts ab zum Campolongo und dann musste ich in Corvara eine halbstündige Gewitterpause einlegen. Nachdem die Wolken weitergezogen waren, ging es den Pordoi rauf, wo eine beladene Twin auch auf nasser Straße noch recht flott unterwegs sein kann. Dann gab ich mir noch ein Stück der Sellarunde hin. Leider wurde es langsam Zeit, mich Richtung Autobahn zu bewegen, ich musste ja heute noch bis Karlsruhe kommen. Auf der Fahrt zum Brenner wurde ich dann von einem kurzen aber sehr heftigen Gewitterschauer total durchnässt. Die 30° warme Luft auf der weiteren Heimreise trocknete mich aber schnell wieder.

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