Neuland Wüste - Navigation mit Karte und Kompass
Ein Hilfsmittel für die Navigation ist der Kompass. Der Kompass für sich alleine ist aber für die Orientierung noch nicht ausreichend, da er nur am Erdmagnetfeld ausrichtet, aber nicht den eigenen Standort anzeigen kann. Nimmt man als weiteres Hilfsmittel eine geeignete Landkarte hinzu, kann man die ganze Welt bereisen, sofern man damit auch umgehen kann.
In diesem Kapitel möchte ich nur Grundsätzliches schreiben, um die Komplexität des Themas aufzuzeigen, ohne zu weit in die Tiefe zu gehen. Wer hier genaueres wissen möchte, sollte sich z. B. folgendes Buch besorgen:
Wolfgang Linke: "Orientierung mit Karte, Kompass, GPS" 11., durchgehend überarbeitete Auflage 2003 |
Das Gradnetz der Erde
Auf Landkarten kann man mit Hilfe eines eingezeichneten Gitternetzes, dem
Gradnetz, den Standort bestimmen. Ein solches Gradnetz entsteht, indem man sich
ein Netz unsichtbarer senkrechter und waagerechter Linien über die Erde
gespannt vorstellt (Bild 2a). Dieses Gradnetz besteht aus Längen- und
Breitenkreisen. Aus dem Schnittpunkt eines Breitenkreises mit einem Längenkreis
kann jeder Punkt auf der Erde genau bestimmt werden. Das kann man sich gut am
Globus, der das verkleinerte, kugelförmige Abbild der Erde ist, verdeutlichen.
Eine waagerechte Linie verläuft in gleichem Abstand zu den Polen um die Erde
(Bild 2c). Sie teilt die Erdkugel genau in zwei gleiche Hälften, in die Nord-
und die Südhalbkugel. Diese Linie, ein Breitenkreis, heißt Äquator, was so
viel bedeutet wie "Gleichmacher". Zwischen dem Äquator und den Polen
verlaufen jeweils in gleichem Abstand parallel zum Äquator 90 Breitenkreise.
Der Abstand von einem Breitenkreis zum nächsten beträgt 111 Kilometer. Der
Äquator hat die Breitenbezeichnung 0 Grad. Von hier aus zählt man 90
Breitenkreise nach Norden, die nördliche Breite (N),. und 90 Breitenkreise nach
Süden, die südliche Breite (S). Da der Umfang der Erde zu den Polen immer mehr
abnimmt, ist der jeweils 90. Breitenkreis, also der Nord- und der Südpol, nur
noch ein Punkt. Um die Erde auch in westöstlicher Richtung einzuteilen, denkt
man sich Linien, die senkrecht zu den Breitenkreisen verlaufen und von Pol zu
Pol "gespannt" werden (Bild 2b). Diese Halbkreise nennt man
Längenkreise oder Meridiane (Mittagslinien). Der Name kommt daher, weil alle
Orte, die auf demselben Meridian liegen, zur gleichen Zeit Mittag haben. Man hat
international festgelegt, dass der Nullmeridian durch die Sternwarte von
Greenwich bei London verläuft. Von hier zählt man 180 Grad nach Westen, die
westliche Länge (W), und 180 Grad nach Osten, die östliche Länge (O).
Bild 2. a) Gradnetz, b) Längengrade, c) Breitengrade
Das Magnetfeld der Erde
In der Natur stimmt der magnetische Nordpol nicht mit dem geografischen
Nordpol überein. Zum einen ist der magnetische Nordpol da, wo man den Südpol
vermuten würde und umgekehrt und zum anderen liegen die geografischen und
magnetischen Achsen nicht übereinander. Zu allem Überfluss sind die
magnetischen Pole auch nicht ortsfest und die vom Südpol zum Nordpol
verlaufenden Feldlinien örtlich nicht regelmäßig. Zusätzlich gibt es noch
das sogenannte "Gitter-Nord". Gitter-Nord ist die Richtung in der die
senkrechten Linien eines rechtwinkligen-ebenen Gitters verlaufen, z. B. des UTM-
oder des Gauß-Krüger-Gitters. Die Gitterlinien verlaufen parallel, während
Meridianlinien auf topografischen Karten zu den Polen hin zusammenlaufen. Darum
weist in jedem Meridianstreifen nur die eine Gitterlinie genau nach geografisch
Nord, die mit dem Hauptmeridian dieses Streifens zusammenfällt.
Die Abweichung (Winkel ) zwischen magnetisch Nord und geografisch Nord wird Deklination genannt. Der Winkel zwischen Gitter-Nord und magnetisch Nord heißt Nadelabweichung. Der Oberbegriff für beide Winkel zusammen wird "Missweisung" genannt. Die Missweisung verändert sich von Jahr zu Jahr und wird auf dem Rand von Landkarten mit der entsprechend gültigen Jahreszahl angegeben. Natürlich nur auf Karten, die für die Navigation geeignet sind. Bei einem guten Kompass kann man die Missweisung einstellen, so dass man sich dann die Rechnerei sparen kann.
Bild 1. Das Magnetfeld der Erde
Verwendung von Karte und Kompass
Zunächst norden wir die Karte ein. Beim Einsatz des Kompasses darauf achten,
dass sich im Umkreis von mindestens 25 Metern keine Fahrzeuge oder größere
Metallteile wie Masten usw. befinden, natürlich auch keine Magnete. Die
Landkarte auf dem Boden auslegen und die Gradskala am Kompass genau auf Null
Grad drehen, also nach Norden. Den Kompass dann so auf die Landkarte legen, dass
die Längskante des Kompassgehäuses genau an einem Längengrad (die Linien, die
auf der Karte von Norden nach Süden verlaufen) parallel anliegt und die
Nordrichtung des Kompasses zur Kartenoberseite zeigt. Nun die Karte solange mit
dem daraufliegenden Kompass drehen, bis die Nordmarkierung der Kompassnadel
exakt mit der Markierung auf der Skala übereinstimmt, also parallel zum
Längengrad verläuft. Jetzt ist die Karte eingenordet, d. h. Die Richtungen auf
der Karte entsprechen den tatsächlichen Richtungen am Standort. Die Karte jetzt
fixieren, damit sie nicht verrutscht. Der Kompass muss zum Messen immer
waagerecht gehalten werden, da die Nadel sonst auf einer Seite am Boden des
Gehäuses schleift, was besonders in Ost-West-Richtung zu Abweichungen führen
kann.
Nun kann man die Richtung zum Zielort ausmessen, dazu wird der eigene Standpunkt mit dem geplanten Zielpunkt auf der Landkarte eingezeichnet, am besten sauber mit Bleistift und Geodreieck oder auch mit der Anlegekante des Kompasses. Dann den Kompass an der Linie anlegen und die Gradskala am Kompass so einstellen, dass die Kompassnadel Nord mit der Skala Nord übereinstimmt. Jetzt kann der Kompass von der Karte genommen werden. An der Anzeige auf dem Kompassgehäuse kann nun die einzuschlagende Richtung in Grad abgelesen werden. Wer einen Peilkompass besitzt, kann jetzt den Spiegel ausklappen und den Kompass so bewegen, dass der Kompasszeiger genau auf der Nordmarkierung steht. Durch die Peilöffnung kann nun in der Weite ein markanter Punkt, z. B. eine Bergspitze oder ein freistehender Baum, gesucht werden, dabei die Ausrichtung des Kompass natürlich nicht ändern. Nach dem so (hoffentlich) gefundenen Punkt kann man sich dann während der Fahrt orientieren. Sobald man den Punkt erreicht hat oder die Richtung ändern muss, wird nach gleichem Schema ein neuer Bezugspunkt gesucht. Diese Möglichkeit besteht natürlich nur im offenen Gelände. Hat man keine freie Sicht (Berge, Nebel, Dunkelheit, Sandsturm) oder gibt es keinen Bezugspunkt (weite Ebene bis zum Horizont) muss bei jeder Abweichung ein neuer Kurs berechnet werden. Dazu ist es notwendig, über die zurückgelegte Strecke genau Buch zu führen. Dazu erstellt man eine Liste, mit der Angabe der zurückgelegten Entfernung und der Richtung, in der man sich bewegt hat. Das Ganze wird gleichzeitig in der Karte eingezeichnet. Hier merkt man dann auch wie schwierig es ist ohne Bezugspunkte die Richtung beizubehalten, besonders auf einem Untergrund, wo man ständig die Richtung wechseln muss, wie große Steine oder tief zerfurchte Ebenen. Hier hätte ein GPS klare Vorteile, wenn es denn funktioniert. Und weil die Funktion nicht immer gesichert ist, sollte man die Navigation mit Karte und Kompass auch ohne GPS beherrschen. Am besten zuhause fleißig üben, damit die Fertigkeiten in Fleisch und Blut übergehen.
Falls kontrolliert werden soll, ob zum Beispiel der Weg in die richtige Richtung geht, ist in umgekehrter Reihenfolge zu verfahren. Mit dem Peilkompass wird die Richtung ermittelt, in die der Weg verläuft, bei der Peilung wird die Nordmarkierung auf die Kompassnadel gestellt und erhält in Peilrichtung die entsprechende Kompasszahl. Anschließend wird der Kompass auf die eingenordete Karte gelegt. Am Standpunkt in der Karte wird wieder das Lineal angelegt und unter Zuhilfenahme des Kompasses auf die vorher ermittelte Richtung in Grad ausgerichtet. Nun kann mit einem Bleistift wieder eine Linie eingezeichnet werden, die dann die Richtung des Weges wiedergibt. Liegt das Ziel nicht in dieser Richtung, so handelt es sich (wahrscheinlich) nicht um den richtigen Weg. Dabei muss beachtet werden, dass die Pisten nicht immer auf direktem Weg zum Ziel führen. Manchmal führen sie um Hindernisse herum und schlagen deshalb zunächst eine "falsche" Richtung ein. Allahs Wege sind nun mal unergründlich! ;-)
Ein Hilfsmittel, um die Navigation zu erleichtern, sind sogenannte Leitlinien und Auffanglinien. Leitlinien sind z. B. Flussufer, Waldränder, Schneisen, Dünenränder usw. die in Richtung zum Ziel verlaufen. Liegt das Ziel dicht an einer solchen Leitlinie, folgt man einfach deren Verlauf und findet so ohne große Kompassarbeit zum Ziel hin. Auffanglinien werden durch die gleichen Geländemerkmale wie Leitlinien gebildet, verlaufen jedoch rechtwinklig zur gewählten Richtung. Hier gibt es drei verschiedene Fälle. Der Zielpunkt liegt entweder vor, auf oder hinter der Auffanglinie.
Liegt der Zielpunkt auf der Auffanglinie, so bewegt man sich in ungefährer Richtung auf die Auffanglinie zu, bis sie man sie erreicht hat. Nun fährt man an der Linie entlang bis zum Ziel. Das funktioniert natürlich nur, wenn man vorher deutlich rechts oder links am Zielpunkt vorbei auf die Auffanglinie zuhält, damit man weiß, in welcher Richtung man der Linie folgen muss.
Ist der Zielpunkt hinter der Auffanglinie, so navigiert man sich grob zur Auffanglinie hin, bestimmt dort seinen genauen Standort und hat dann nur noch ein kurzes Stück zum Ziel, bei dem man genau navigieren muss.
Wenn der Zielpunkt vor einer Auffanglinie liegt, hilft diese nur indirekt. Verfehlt man das Ziel, so erreicht man die Auffanglinie und weiß nun, dass man falsch ist. Hier bestimmt man wieder seinen genauen Standort und die Richtung zum Zielpunkt.